Direkt zum Hauptbereich

Wissenschaft ist eine Kunst



Um es gleich klar zu sagen: Ich finde es gut und richtig, dass Hypothesen verifiziert oder falsifiziert werden und dass Behauptungen belegt werden müssen. Aber manchmal gilt doch das Wort des Dichters Horaz: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus“. Auch die Psychologie belegt gelegentlich mit einem Riesenaufwand, was für jeden auf der Hand liegt. So wie in diesem Fall das Ergebnis einer auf einem Kongress vorgestellten Langzeitstudie: „Sehr emotional ausgetragene Konflikte mit erhobener Stimme können in einer Partnerschaft auf eine baldige Trennung oder Scheidung hinweisen.“ Verschleiert wird die Schlichtheit dieser Erkenntnis dann durch die Expertensprache: „Parameter wie Sprachgrundfrequenz und Cortisolausschüttung sind wichtige Indizes emotionaler Erregung.“ Ich darf übersetzen: „Wenn es laut wird und Stresshormone ausgeschüttet werden, regt sich das Paar offenbar gegenseitig auf.“ Und logisch, wenn es das häufig tut, dann steht sicher bald die Trennung ins Haus. 
Von der Relevanz der wissenschaftlichen Erkenntnisse einmal ganz abgesehen - ist es wirklich nötig, alles hochkompliziert zu verpacken, nur um sich Bedeutung zu verschaffen? Manchmal versucht man(n!) nach einem Vortrag oder in einer Talkshow meine (auf wissenschaftlichen Grundlagen basierende!) Aussagen abzuwerten, nur weil ich sie verständlich vermittle. Lieblingsangriff: „Ratschläge aus der Frauenzeitschrift“ oder „Wie in der Brigitte“. Inzwischen regt mich das nicht mehr auf. Kompliziert und abgehoben kann jeder. Verständlich zu sein, ohne banal zu werden, ist eine Kunst.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Studium - nicht nur für Eliten.

"In Deutschland kann jeder studieren, der es will". Eine schöne Theorie, die in der Praxis aber leider nicht stimmt. Abiturienten, deren Eltern keine Akademiker sind, studieren wesentlich seltener. Dazu las ich heute diese Zahlen: Von 100 Akademikerkindern studieren 77. Von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, nur 23. Das ist nicht allein eine Geldfrage. Stefan Groh, der Sprecher des deutschen Studentenwerkes, sieht einen Grund  auch im fehlenden Selbstvertrauen. Der Nachwunchs von Arbeitern  und  einfachen Angestellten hat oft Angst, das Studium nicht zu schaffen. Sie können auf keine Erfahrung ihrer Eltern zurückgreifen. Ein weiterer Grund liegt oft tiefer: Viele Eltern möchten zwar, dass es ihre Kinder weiter bringen als sie selbst, aber nicht so weit, dass man sich einander entfremdet. Kinder spüren das und halten sich unbewusst zurück. Es erfordert viel persönliche Kraft, sich gegen diese inneren und äußeren Hindernisse durchzusetzen. Die hat nicht jeder ...

Ruhe bitte!

Die Autorin Regina Kramer schreibt in einem Artikel: „Lärm ist nicht nur eins auf die Ohren, sondern auch auf Psyche.“ Sie hat ja so Recht! Ich weiß, wovon ich rede: Unter unsere Wohnung in einem schönen, aber hellhörigen Altbau sind seit einiger Zeit drei koreanische Musikstudentinnen eingezogen. Seitdem wird gerne zwischen 11.00 Uhr und 19.00 Uhr Geige geübt. Nicht etwa zusammenhängende Melodien, sondern einzelne Töne, die an die Laute einer malträtierte Katze erinnern. Aber mir bleibt ja noch die Flucht ins Büro. Nur, seit einem halben Jahr hat unter meinen Räumen ein Laden für Shishas (Wasserpfeifen) eröffnet. Offenbar ist Musik dem Verkauf förderlich, jedenfalls höre ich die Bässe wummern. Nachdem ich mehrfach wie ein Racheengel im Laden aufgetreten bin, ist es derzeit ruhig. Zu empfindlich? Oh nein, ich habe die Hirnforschung auf meiner Seite: Laute Geräusche mindern die Informationsverarbeitung im Gehirn und blockieren die Kreativität. Aber als Psychologin weiß ich auch...

Kleine Freuden

Vor ein paar Tagen war ich in Oldenburg. Weil ich zwischen zwei Vorträgen Zeit hatte, bummelte ich durch die schöne Stadt mit ihren vielen reizvollen Geschäften. Ich trug einen langen schwarzen Mantel. Und plötzlich sagte hinter mir eine weibliche Stimme: "Was für eine schöne Silhouette." Erfreut drehte ich mich um und blickte einer sympathischen Dame ins Gesicht. Als ich  mich für das Kompliment bedankte, erklärte sie mir: "Wenn ich etwas schön finde, dann sage ich das gerne." Ich freute mich gleich doppelt, denn ich hatte offenbar eine Schwester im Geiste getroffen: Wenn mir etwas an jemandem gefällt, dann teile ich das mit, auch wenn ich die Person gar nicht kenne. Erst stutzen diejenigen meist, weil so eine Ansprache eher ungewöhnlich ist. Eine Dame, deren extravaganten Hut ich bewunderte, fragte sogar misstrauisch: "Meinen Sie das ernst?". Doch dann löst mein Kompliment immer Freude aus - so wie ja auch, siehe oben, bei mir. Weil es einfach schön ...