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CARPE DIEM

Im Urlaub war ich in der Bretagne. Eine traumhafte Landschaft, wenn auch das Wetter dort bekanntermaßen Hamburger Verhältnisse zeigt. Aber die Farben machen das wett: Dieser in allen Graublautönen changierende Himmel, das damit korrespondierende Meer - und als Extra ein Mohnblumenfeld. Zwischen den Ähren standen Hunderte von leuchtendroten Blumen. Ein zauberhafter Anblick. Ein paar Tage lang radelte ich auf dem Weg zum Bäcker entzückt daran vorbei.  "Das muss ich unbedingt fotografieren," dachte ich. Aber mal hatte ich den Fotoapparat vergessen, mal war ich in Eile. Endlich passte es und ich fuhr mit meiner kleinen Kamera dorthin, um die Aufnahmen zu machen.  Das Feld war abgeerntet, alle Blumen verschwunden. Hätte ich meine Aufnahmen doch bloß gleich gemacht, statt sie zu verschieben. Meine Lehre daraus: Demnächst werde ich sofort umsetzen, was ich mir vorgenommen habe.Dann gibt es auch nichts zu bereuen. Das gilt auch für größere Dinge.     

Die Chaneltasche

„Willkommen in der Realität“ sagte meine Nachbarin mit bitterem Lächeln, als ich sie nach Ihrer Tochter fragte. Die ist exzellent ausgebildet, hat schon einiges an Berufserfahrung, ist außerdem liebenswürdig, bildhübsch – und seit kurzem arbeitslos, weil die Firma, in der sie bisher tätig war, überraschend Pleite gemacht hat. Seitdem bewirbt sie sich in ihrer Branche. 50 Bewerbungen hat sie schon geschrieben, drei Vorstellungsgespräche haben sich daraus ergeben. Alle drei Arbeitgeber waren begeistert - und haben ihr einen Job als Praktikantin angeboten! Das war nun nicht gerade das, was sie sich vorgestellt hat. Sie hätte schon gerne ein Gehalt von dem sie leben kann. Daraufhin verstieg sich einer der Personaler zu der Aussage: „Sie würden zwar großartig in unser Team passen, aber Sie sind die Chanel-Tasche, die wir uns nicht leisten können.“ Stellt sich mir die Frage: Wie kommt dieses Land ohne Chanel-Taschen weiter?

Tierliebe

Seit einigen Wochen bin ich Vegetarierin. Das hier so offiziell zu verkünden, hat vermutlich den gleichen Effekt, als ob man seiner Umgebung mitteilt „Ich habe aufgehört zu rauchen.“ Danach darf man sich nicht mehr mit einer Zigarette erwischen lassen, ohne seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ich hänge mich also ziemlich weit aus dem Fenster. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass Sie mich in einem Restaurant vor einem Wiener Schnitzel sitzen sehen, im Imbiss mit einer Currywurst oder beim Hotelfrühstück mit Schinkenbrötchen. Obwohl mir die Konsequenz nicht immer leicht fällt. Der Grund für meinen Sinneswandel ist nämlich nicht, dass ich kein Fleisch mag, sondern die Vorstellung, dass die Tiere getötet werden - von der meist grausamen Tierhaltung einmal ganz abgesehen. Keine Sorge, ich bin nicht missionarisch. Schließlich habe ich selbst lange genug die Augen vor dem Leid der Tiere verschlossen. Und jetzt funktioniert das eben nicht mehr. Interessant ist, dass es plötzlich vielen Men...

WUNSCHERFÜLLUNG

Wenn ich mich recht erinnere, stammt der Spruch von Oscar Wilde: "Überlege dir gut, was du dir wünschst, es könnte sich erfüllen". Da ist durchaus etwas dran. Meist haben wir den Blick so fest auf die Vorteile eines Wunsches gerichtet, dass uns seine negativen Konsequenzen nicht bewusst sind. Im Hamburger Abendblatt las ich dazu einen Witz, der das  mit einem gewissen bösen Humor illlustriert. Als Expertin für Wunscherfüllung - schließlich bin ich Autorin des Ratgebers "Wunscherfüllung für Selbstabholer - musste ich darüber besonders schmunzeln : Ein Bauer, der schon länger die Nase von seiner täglichen Arbeit voll hat, trifft eine Fee. Wie es so Feen-Art ist, gibt sie ihm drei Wünsche frei. Als erstes wünscht er sich, ein Prinz zu sein.Schon trägt er das Gewand eines Thronfolgers. Als zweites wünscht er sich ein Schloss. Sekunden später befindet er sich in einem prächtigen Bauwerk. Sein dritter Wunsch lautet: "Ich möchte eine Prinzessin zur Frau." Kaum aus...

FILMKRITIK

Lesen Sie Filmkritiken, bevor Sie ins Kino gehen? Dann sind Sie sicher auch manchmal erstaunt, wie wenig sich die Beurteilung in den Medien mit der eigenen Wahrnehmung deckt. Da schreibt einer, die Protagonisten würden nicht berühren und vergibt von fünf möglichen Sternen knappe drei. Ich sehe mir das Werk trotzdem an und sitze berührt im Sessel, bis der gesamte Abspann vorbei ist. Ein Rezensent  lobt einen Film in den höchsten Tönen. Der sei unglaublich tiefgründig und subtil. Ich falle prompt darauf herein und sitze in einem grottenlangweiligen Film, in dem die Schauspieler in Zeitlupe agieren. Einen hochgelobten gesellschaftsrelevanten Film finde ich einfach nur hässlich, während ein angeblich kitschiger Film sich als hinreißend romantische Geschichte entpuppt. Wer hat denn nun recht, die Rezensenten oder ich? Beide. Weil Vorlieben nun mal ganz individuell sind. Also gar keine Rezensionen lesen? Mein Tipp: Wenn Ihre persönliche Erfahrung schon öfter mit der eines  Rez...

Und was ist mit mir?

Am Samstag habe ich einen Vortrag auf dem Kongress "Frauen mit besonderen Herausforderungen" in Berlin gehalten. "Besondere Herausforderungen" ist eine harmlose Umschreibung für das Schicksal dieser Frauen. Es handelte sich nämlich um die Mütter behinderter Kinder. Diese Kinder müssen meist rund um die Uhr betreut werden. Darüber hinaus haben manche von ihnen so schwere Beeinträchtigungen, dass man immer wieder um ihr Leben bangt. Die Geschichten, die ich in informellen Gesprächen erfuhr, gingen mir sehr nahe. Wie die der Mutter, deren Sohn häufig epileptische Anfälle bekommt und dann mit Blaulicht ins Krankenhaus gefahren wird. "Niemand fragt danach, wie ich damit fertig werde, dass ich jedesmal Todesangst um mein Kind habe." sagte sie. Verständlicher Weise stehen zunächst die Kinder im Mittelpunkt. Aber darüber werden leicht diejenigen vergessen, die emotional ganz dicht bei ihnen sind.Sie müssen selbst zusehen, wie sie nach solchen Erlebnissen wiede...

Jekyll & Hyde

Der Fall des Fußballfunktionärs Uli Hoeneß beschäftigt derzeit die Gemüter und die Medien: Ein Mann, der sich rührend um Spieler in Not kümmert, mit Politikern Klartext redet und bisher als Sinnbild eines Aufrechten galt. Gleichzeitig ein Steuersünder, der skrupellos Millionen am Fiskus vorbei in die Schweiz transferierte. Also nur ein Schwindler, der seiner Umgebung den Biedermann vorspielte? Nein.Beide Seiten existieren nebeneinander, der "Geradlinige" und das "Schlitzohr". Wir alle sind nicht aus einem Guss, sondern haben verschiedene Persönlichkeitsanteile, die sich im Laufe unseres Lebens entwickelt haben. Mein Kollege Schulz von Thun hat dafür das passende Bild des "Inneren Teams" gefunden. Unser Bewusstsein ist zwar der Boss, aber die einzlenen Teammitglieder sind einflussreich. Manche von ihnen können sich widersprechen. Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, zeigen das oft besonders deutlich. Wie etwa auch die Chefredakteurin einer bekannt...