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Posts

Stadtpark

Erst kürzlich habe ich in einem Ratgberbuch wieder den immer gern wiederholten  Tipp gelesen, der einem faden Lebensgefühl auf die Sprünge helfen soll: "Gehen Sie mal einen anderen Weg zu Ihrer Arbeitsstelle." Bisher habe ich das für so aufregend gehalten wie den  ebenso klassischen Tipp "Essen Sie im Restaurant mal etwas anderes als gewöhnlich".   Zu meinem Büro gibt es zwei Wege. Einer führt durch einen Park und eine Straße mit hübschen Stadtvillen. Der andere läuft schnurgrade an einer Hauptverkehrsstraße mit stilmäßig völlig uninteressanten Häusern entlang. Natürlich bin ich immer den netteren Weg gegangen. Was soll es mir schließlich bringen, mich an öden Häuserzeilen vorbeizuquälen?    Doch seit einigen Wochen ist alles anders. Bewohner der Hauptverkehrsstraße haben zu Hacke und Schaufel gegriffen und praktiziert, was unter dem neudeutschen Begirff "Urban gardening" firmiert. Auf kleinen Erdinseln blühen plötzlich die schönsten Blumen. Besonders ge...

Vermessung der Welt

Während ich beim Walking im Park nur auf mein Herz höre, laufen viele JoggerInnen mit bunten Pulsmessern  am Oberarm an mir vorbei. Und das ist noch harmlos. Inzwischen zählen Chips die Anzahl unserer Schritte, berechnen den Kalorienverbrauch und UV-Strahlung oder messen die Schlaftiefe. Die sogenannten Wearables, Messgeräte, die man als Armbänder, Ketten oder an der Kleidung trägt, werden hierzulande immer beliebter. Die Verbindung zum Smartphone ist schon Standard, damit man die Daten speichern und vergleichen kann. Für mich ist das ein Zeichen, wie sehr wir uns schon von uns selbst entfremdet haben. Brauchen wir wirklich den Umweg über eine Maschine, um zu wissen, wie wir uns fühlen? Professor Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln sagt im Magazin der Techniker Krankenkasse dazu: "Grundsätzlich rate ich zu einer Trainingssteuerung anhand der Signale des eigenen Körpers, denn der ist immer noch der beste Indikator." Wenn ich die knallroten Gesichter mancher Läufer mit Ak...

Offen gesagt

In "Change", dem Magazin der Bertelsmann Stiftung, schreibt Dr-. Wolfram Weimer über den Status quo Europas im Vergleich. Es sieht nicht gut aus für uns, die wir uns doch elitär für Spitzenklasse halten. Lateinamerika, Asien und Afrika profitieren weitaus mehr von der Globalisierung. Das gilt für die aufstrebende Wirtschaft ebenso wie für die Kultur. Film, Musik, kulinarische Trends und Internetentwicklung -  immer weniger davon kommt aus Europa. Unser Kontinent wird alt und schrumpft, die Geburtenrate ist die niedrigste auf der Welt. Was da gar nicht geht, ist, sich abzukapseln. Die bornierte Abwehr gegenüber allem Fremden schadet uns immens. Indem wir uns öffnen, können  wir von der Vielseitigkeit profitieren. Überwiegen jedoch die rückständigen Kräfte, sind wir bald abgehängt. Wie offen wir für Neues sind, zählt zu den "Big Five", den fünf prägnanten Eigenschaften einer Persönlichkeit. Ich wünsche uns allen hier hohe Werte.    

Wünsch dir was

Gesehen an einem Briefkasten: "Bitte keine Werbung und keine kostenlosen Zeitungen einwerfen. Nur Liebesbriefe und fette Jobs. Yeah!". Das ist doch mal eine klare Ansage. Aber was ist mit Rechnungen? Will man nicht, muss man aber bezahlen, sonst kann es ungemütlich werden. Und was ist mit Einladungen? Oder mit wichtigem Info-Material? Vor diesem Briefkasten kann man schon ins Philosophieren kommen: Was braucht der Mensch wirklich? Schon Sigmund Freud war der Ansicht, dass seelische Gesundheit  darin besteht, lieben und arbeiten zu können. Insofern passt das. Ich überlege, was ich demnächst an meinen Briefkasten hängen könnte. Vielleicht dieses: Nur Inspirierendes und  Erfreuliches. Yeah!

Oldfashioned

Zufällig traf ich im Supermarkt einen Kollegen, den ich viele Jahre nicht gesehen hatte. Damals, in den 80ger Jahren, trug er wilde Locken und Cowboystiefel. Jetzt waren seine Haare grau und das Outfit gediegen. Auf die Frage, wie es ihm denn gehe, sagte er, er bereite sich auf die Rente vor. Nun ja. Ich habe kürzlich in einem Interview gesagt, dass ich mit Vergnügen arbeiten werde, solange ich  fit im Kopf und gefragt bin. Ich vermute, so etwas  ähnliches hat auch die Schriftstellerin  Sibylle Berg gemeint, die für ihre spitze Feder bekannt ist: "Ich habe mich gegen das Älterwerden entschieden, ich finde es nicht interessant." Mit der Zeit immer besser zu werden und vielleicht ein bisschen weise, das ist reizvoller und gesünder als sich alt zu denken.Rückenwind gibt es dazu von der Forschung: Über sechstausend Männer und Frauen wurden im Alter von 65 befragt, ob sie sich jünger oder älter fühlten als es in ihrem Pass stand. In den folgenden  acht Jahren starben nur...

Und es hat sich doch schon etwas geändert!

Karfreitag war ich als Autorin des Buches "Einsam" zu Gast in der Sendung "Lebenswert" zum Thema "Einsamkeit" im Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main. Es ging darum, wie man es schaffen kann, gut mit sich alleine zu sein und wie sich die schmerzliche Einsamkeit überwinden lässt. Das Besondere der zweistündigen Sendung, die immer zu Feiertagen ausgestrahlt wird, ist, dass Zuhörer und Zuhörerinnen anrufen und sich beteiligen können. Der Moderator Klaus Hofmeister hatte es  thematisch so angelegt, dass es um die positiven Möglichkeiten ging. Vor Beginn hatte er etwas Sorge, dass sich vielleicht niemand zu diesem heiklen Thema melden  würde. Ich tröstete ihn, dass ich gegebenenfalls mit meinen Ratschlägen  locker zwei Stunden füllen könnte. Aber das war wahrhaftig nicht nötig, so viele Männer und Frauen riefen an und teilten mit uns ihre Strategien, Einsamkeit zu überwinden.Ich war absolut begeistert, wie positiv und selbstbestimmt sie ihren Weg gefunden h...

ABSTURZ

Absturz des Germanwings-Flugzeuges in den Alpen. Die Ursache scheint geklärt, der Co-Pilot hat bei seinem Suizid unschuldige Menschen mit in den Tod gerissen. Hier trifft der Begriff "Selbstmord" wirklich zu. Ich bin erschüttert, es ist so grausam, dass Leben völlig unerwartet einfach ausgelöscht werden. Mir tun die Angehörigen unendlich leid. Doch als Psychologin bin auch empört, wenn ich lese, wie wenig umfassend die Flugtauglichkeit der Piloten im Laufe ihrer Tätgikeit überprüft wird:  Lediglich zu Beginn wird ihre psychische Disposition getestet. Später wird nur noch ihr physischer Zustand regelmäßig gecheckt.  Das ist fahrlässig, wie sich an diesem Unglück zeigt. Depressionen, Burnout, aber auch Liebeskummer und Schulden können dazu führen, dass ein Mensch in verantwortlicher Position nicht mehr zurechnungsfähig ist. Und das kann gefährlicher sein als  etwa der Verlust von ein paar Dioptrin Sehkraft. Wenn die Katastrophe dann passiert ist, dürfen die Psychologen wi...