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ABSTURZ

Absturz des Germanwings-Flugzeuges in den Alpen. Die Ursache scheint geklärt, der Co-Pilot hat bei seinem Suizid unschuldige Menschen mit in den Tod gerissen. Hier trifft der Begriff "Selbstmord" wirklich zu. Ich bin erschüttert, es ist so grausam, dass Leben völlig unerwartet einfach ausgelöscht werden. Mir tun die Angehörigen unendlich leid. Doch als Psychologin bin auch empört, wenn ich lese, wie wenig umfassend die Flugtauglichkeit der Piloten im Laufe ihrer Tätgikeit überprüft wird:  Lediglich zu Beginn wird ihre psychische Disposition getestet. Später wird nur noch ihr physischer Zustand regelmäßig gecheckt.  Das ist fahrlässig, wie sich an diesem Unglück zeigt. Depressionen, Burnout, aber auch Liebeskummer und Schulden können dazu führen, dass ein Mensch in verantwortlicher Position nicht mehr zurechnungsfähig ist. Und das kann gefährlicher sein als  etwa der Verlust von ein paar Dioptrin Sehkraft. Wenn die Katastrophe dann passiert ist, dürfen die Psychologen wi...

Studium - nicht nur für Eliten.

"In Deutschland kann jeder studieren, der es will". Eine schöne Theorie, die in der Praxis aber leider nicht stimmt. Abiturienten, deren Eltern keine Akademiker sind, studieren wesentlich seltener. Dazu las ich heute diese Zahlen: Von 100 Akademikerkindern studieren 77. Von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, nur 23. Das ist nicht allein eine Geldfrage. Stefan Groh, der Sprecher des deutschen Studentenwerkes, sieht einen Grund  auch im fehlenden Selbstvertrauen. Der Nachwunchs von Arbeitern  und  einfachen Angestellten hat oft Angst, das Studium nicht zu schaffen. Sie können auf keine Erfahrung ihrer Eltern zurückgreifen. Ein weiterer Grund liegt oft tiefer: Viele Eltern möchten zwar, dass es ihre Kinder weiter bringen als sie selbst, aber nicht so weit, dass man sich einander entfremdet. Kinder spüren das und halten sich unbewusst zurück. Es erfordert viel persönliche Kraft, sich gegen diese inneren und äußeren Hindernisse durchzusetzen. Die hat nicht jeder ...

Zwiespältige Gefühle

Vor dem Supermarkt bei mir an der Ecke sitzt seit einiger Zeit eine Bettlerin. Ich vermute, sie kommt aus  Rumänien. Sie spricht jeden an, der in dem Laden einkauft. Das ist unangenehm. Außerdem ist es automatisch. Wenn ich mehrfach vorbeigehe, werde ich immer wieder angesprochen. Sie nimmt  offenbar keine Personen wahr, nur wandelnde potenzielle Geldquellen. Ich bin versucht, an ihr vorbeizuschauen und schäme mich dafür.  Aber: Neulich habe ich gesehen, wie sie von einem gut gekleideten Mann morgens früh an ihren Platz gebracht wurde. Inzwischen weiß man ja längst, dass hinter diesen armen Menschen  eine skrupellose Bettler-Mafia steckt. Ein Verkäufer des Hamburger Straßenmagazins "Hinz und Kunzt " erzählte mir, dass die Bettler bis auf einen kleinen Betrag alles an ihre Hintermänner abgeben müssen, die sich davon Luxusautos und Immobilien anschaffen. Die Frau tut mir leid, wie sie da bei jedem Wetter vor der Türe sitzt. Geld gebe ich ihr nicht, das kommt ihr ja d...

Trauen Sie sich, dies zu lesen?

 Kürzlich las ich im "Spiegel" von dem Chef einer internationalen Restaurantkette, der in seinen Lokalen unter anderem einen großen Tisch aufstellen lässt, damit sich Menschen, die vielleicht einsam sind, beim Essen miteinander unterhalten können. Das funktioniert prima  in Italien, Belgien, wo auch immer - nur nicht in Deutschland.   Ich dachte: Auweia. Mein Buch "Einsamkeit. Vom mutigen Umgang mit einem schmerzhaften Gefühl" ist jetzt in den Buchhandlungen. Davon abgesehen, dass es mir eine Herzensangelegenheit ist, auf diese Weise meinen Beitrag  gegen das verbreitete Phänomen zu leisten, ist es auch ein Experiment: Wie weit sind  LeserInnen heute bereit, sich gegebenenfalls ihrer Einsamkeit zu stellen? Ich bin in aller Bescheidenheit davon überzeugt dass ich hervorragendes Handwerkszeug für alle Ursachen von Einsamkeit zusammengestellt habe. Und der Verlag hat ein in meinen Augen hinreißendes Cover entwickelt (ein Goldfisch mit trotzigem Ausdruck schw...

Unglückliche Kindheit

Im Magazin der Süddeutschen Zeitung stand kürzlich ein Interview mit Yasmina Reza, international bekannt durch ihr Theaterstück "Der Gott des Gemetzels". Als Überschrift hatte man ein Zitat von ihr gewählt: "Ohne glückliche Kindheit führt man ein schöneres Leben." Ein ungewöhlicher Aspekt, der mich zum Lesen verführte. Allerdings überraschte mich die Erläuterung der Autorin: Ihrer Ansicht nach führt  eine unglückliche Kindheit dazu, dass man sich nicht nach ihr zurücksehnt und deshalb im Leben vorwärts schaut. So kann man es sehen. Obwohl mir das eher eine nützliche Form des Selbstschutzes zu sein scheint. Statt zu trauern und zu leiden, spaltet man die unglückliche Erfahrung ab und richtet den Blick auf die Gegenwart und Zukunft. Ich hatte eigentlich diese Interpretation erwartet: Wer eine unglückliche Kindheit hatte, gewinnt dadurch oft mehr Energie als jemand, der einen leichten Start hatte. Dafür gibt es viele prominente Beispiele besonders unter KünstlerInne...

Kleiderständer

Ich liebe Mode und blättere auch gerne durch Hochglanzzeitschriften. Dass da manches Outfit als officetauglich deklariert wird, mit dem man sich sogar in Hamburg nicht mal in die Disco trauen  würde - okay. Nur manchmal wundere ich mich doch, welche Blüten die Modeaffinität in den Magazinen treibt. Da werden im redaktionellen Teil interessante Personen interviewt, etwa ManageInnen, UnternehmerInnen, sozial Engagierte oder KünstlerInnen. Und dann kann man lesen, welches Label diejenigen gerade tragen: X trägt eine Bluse von Gucci, eine Hose von Prada, Stiefel von Hermes. Als ob diese Menschen Models wären. Aber die  tollste Beschreibung fand ich kürzlich zum Porträts eines jungen Poeten: "Der    Schriftsteller XY trägt seine eigene Kleidung."

Erkenne Dich Selbst!

Gestern auf einem Museums-Vorplatz. Eine japanische Reisegruppe fotografiert sich. Ich staune: Man macht nicht etwa gegenseitig Aufnahmen, wie man es bisher von Touristen gewohnt ist, sondern jeder lichtet nur sich ab. Dazu klemmen sie ihre iPhones auf armlange Teleskopstöcke und lächeln sich selbst zu. Fasziniert habe auch ich meinen Fotoapparat gezückt und diese surreal anmutende Szene festgehalten In einem Magazin lese ich eine Anleitung, wie man die besten „Selfies“ macht: Zunächst ein Backgroundcheck. Der Hintergrund darf nicht von der eigenen Person ablenken. Dann den Kopf leicht schräg halten, damit das Gesicht schmaler wirkt. Ein No-go bei Nahaufnahmen ist krümeliges Makeup, also lieber Creme statt Puder. Aha. Und ein verrenkt ausgestreckter Arm ruiniert das beste Selfie. Besser geht es mit dem...