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Lass den Kopf nicht hängen

Kennen Sie das Head-down-Syndrom? Diese diagnostische Bezeichnung stammt allerdings nicht aus der Medizin, sondern von amerikanischen Medienwissenschaftlern. Sie bezeichnen damit die Körperhaltung derjenigen, die ständig auf ihr   Smartphone schauen. Hier in Hamburg gehören die vom „Kopf-nach-unten“-Virus Befallenen bereits zum Stadtbild. Zur Feierabendzeit sitzen Zweidrittel der Fahrgäste im Bus mit gesenktem Kopf und beweglichen Daumen. In Cafés, Restaurants sieht es kaum anders aus. Und auf der Straße muss man aufpassen, dass man von den Betroffenen nicht überrannt wird. Noch schlimmer: Die Head-Downer laufen vor Autos, weil sie nicht auf den Verkehr achten. Deshalb testet man derzeit in Augsburg, ob rote Blinklichter an der Bordsteinkante helfen. Wie wäre es denn damit, gelegentlich den Kopf hochzunehmen und anderen in die Augen zu schauen? Das nennt man direkte Kommunikation. Hiermit rufe ich zum Head-up   auf.

Schwere Kost

Neulich habe ich mal wieder festgestellt: Man kann sich nicht nur über essen , sondern auch über lesen . Die Neigung, Bücher zu verschlingen (welch passendes Wort!), hat sich allerdings bei mir schon früh gezeigt. Als Kind habe ich nächtelang mit der Taschenlampe Karl-May-Bücher gelesen und mich dabei komplett in die Prärie oder ins wilde Kurdistan geträumt. 500 Seiten? Ein Kinderspiel. Heutzutage fehlt mir zu exzessivem Lesen meist die Zeit, so dass ich Bücher nur in Häppchen lese. Da kommt pro Woche auch ganz nett etwas zusammen, wie man - als Spitze des Eisbergs - meinem Rezensionsblog (wlodarek-rezensionen.blogspot.de) entnehmen kann. Doch manchmal knüpfe ich an die früheren Zeiten an und lese nonstop. Wie am vergangenen Wochenende. Anschließend ging es mir gar nicht gut. Weil ich vergessen hatte, dass sich intensive Lektüre auswirkt. Sich ein Buch mit negativem Inhalt, und sei es noch so gut geschrieben, ´reinzuziehen bekommt einem ohnehin selten, doch wenn man sich dann ...

Wertschätzung

Müll nach dem Grillen im Park liegen lassen. Den SUV so auf dem Bürgersteig parken, dass kein Fußgänger mehr daran vorbeikommt. Im Bus lauthals ins Handy plappern – kleine Zeichen mangelnder Wertschätzung von Umwelt und Mitmenschen, über die man sich täglich ärgern kann. Doch gravierender ist es, wenn Wertschätzung in Unternehmen fehlt. Studien haben ergeben, dass mangelnde Wertschätzung im Job den Krankenstand erhöht. Weitere mögliche Folgen sind innere Kündigung und verbitterter Dienst nach Vorschrift. Generell schwindet die Freude an der Arbeit, das Selbstwertgefühl sinkt. Dabei geht es nicht allein um verbale Anerkennung, auch wenn offenbar viele Vorgesetzte das Motto verinnerlicht haben „Nicht gemeckert ist genug gelobt“. Es geht um eine grundsätzliche Haltung, in der jeder als wertvoll angesehen und entsprechend behandelt wird. Das ist gewiss nicht der Fall, wenn man etwa Angestellte als „Minderleister“ abwertet oder sie in Großraumbüros pfercht, obwohl erwiesen ist, dass es...

Wissenschaft ist eine Kunst

Um es gleich klar zu sagen: Ich finde es gut und richtig, dass Hypothesen verifiziert oder falsifiziert werden und dass Behauptungen belegt werden müssen. Aber manchmal gilt doch das Wort des Dichters Horaz: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus“. Auch die Psychologie belegt gelegentlich mit einem Riesenaufwand, was für jeden auf der Hand liegt. So wie in diesem Fall das Ergebnis einer auf einem Kongress vorgestellten Langzeitstudie: „Sehr emotional ausgetragene Konflikte mit erhobener Stimme können in einer Partnerschaft auf eine baldige Trennung oder Scheidung hinweisen.“ Verschleiert wird die Schlichtheit dieser Erkenntnis dann durch die Expertensprache: „Parameter wie Sprachgrundfrequenz und Cortisolausschüttung sind wichtige Indizes emotionaler Erregung.“ Ich darf übersetzen: „Wenn es laut wird und Stresshormone ausgeschüttet werden, regt sich das Paar offenbar gegenseitig auf.“ Und logisch, wenn es das häufig tut, dann steht sicher bald die Trennung ins Haus.  Von der ...

Schwarzes Gold

Seit Jahren stand in einer Ecke unseres Wohnzimmers ein Schallplattenapprat, ein Turm  mit einem großen Fach für Langspielplatten. Seit meiner Studentenzeit hatte sich da einiges angesammelt. Elvis Presley lehnte sich an die Callas, die Rolling Stones an Wagners Tannhäuser. Aufgelegt hatte die Scheiben seit Jahren keiner mehr. Schließlich gibt es inzwischen alles auf CD oder man kann es sich vom Computer herunterladen. Es wurde endlich Zeit für den alten Kasten, auch wenn er recht dekorativ aussah. Mein Sohn und ein Freund entsorgten ihn, das Teil war ziemlich schwer. Am gleichen Abend sah ich im Fernsehen eine Dokumentation mit dem Titel „Venyl Revival“. (Venyl ist der Stoff, aus dem die schwarzen Scheiben gepresst werden.) Ich erfuhr, dass es riesige Plattenbörsen gibt, wo Sammler bis zu dreißigtausend Euro ausgeben. Im Interview sagten sie mit leuchtenden Augen: „Schallplatten sind etwas Besonderes, sie ermöglichen eine taktile Sinnlichkeit“. Ein anderer schwärmte: „Du kann...

Schicksalssymphonie

Nicht erst seit meinen Recherchen für mein Buch „Tango vitale. Tanz mit dem Schicksal – Krisen und Chancen nutzen“ weiß ich, dass das Schicksal manchmal die interessantesten Tricks nutzt, um Menschen an die richtige Stelle zu bringen. Dafür habe ich jetzt wieder einen Beweis: Der ehemalige ZDF-Korrespondent Knut Terjung erzählt in einem Porträt, dass er sich als junger, engagierter Journalist gewünscht hatte, nach Berlin zum Rias zu gehen. Nur, er hatte keinen Studienabschluss und kaum journalistische Erfahrung. Mutig rief er Werner Höfer an, der damals mit seinem „Internationalen Frühschoppen“ deutschlandweit bekannt war, und bat um einen Termin. Dass dieser prominente Mann ihn überhaupt empfing, war allein einer Namensverwechslung zu verdanken. Ein WDR-Moderator hieß ebenfalls Terjung, allerdings Hermann mit Vornamen. Die Verwechslung fiel erst auf als der junge Journalist schon in der Tür stand. Höfer hörte dem jungen Mann trotzdem zu und empfahl ihn dann einem Chefredakteurs...